Wer war er?


Geboren wurde er in Berlin, inmitten des 2. Weltkriegs, bei der Oma groß geworden, weil seine Mutter andere Pläne hatte.

Kennengelernt hatte er meine Mutter bei einer ehrenamtlichen Tätigkeit.

Nach einiger Zeit heirateten die beiden und 3 Jahre später kam ich auf die Welt. Ich habe ein durchweg positives Bild von ihm. Auch als Kind mochte ich ihn sehr. Er war ein guter Vater, hatte immer ein Ohr für mich.

Von der Arbeit brachte er mir als Kind oft etwas mit. Er verstand mich, meine Bedürfnisse, im Gegensatz zu meiner Mutter, die nur mit sich selbst beschäftigt war. Er las mir Geschichten der Gebrüder Grimm vor oder wir lasen zusammen. Mal kaufte er mir Bücher, z.B. „Die unendliche Geschichte“ oder „Momo“. Später auch die passenden Hörspielkassetten dazu und viele weitere Hörspielkassetten für Kinder.

Für meine Häuser, die ich als Kind mit Lego gebaut hatte, brachte er mir kleine Kabel, Mini-Glühbirnen und eine Batterie mit. Das war eine tolle Sache, er zeigte mir genau, wie ich so meine Legobauten mit Licht ausstatten konnte.

Er erklärte mir vieles, brachte mir einen Technikbaukasten mit und wir bauten zusammen.
  
Am C64 brachte er mir bei, wie man damit kleine Dinge programmieren konnte. Das war eine spannende Sache. Ich weiß noch, wie ich als Kind, ich war vielleicht 7 oder 8 Jahre alt, im Wohnzimmer mit ihm saß, aus Computerzeitschriften Code abschrieb und wir diese Zeilen dann auf der Datasette speicherten.

Ich erinnere mich noch gut an die Tage vor Weihnachten, wie schön er den Weihnachtsbaum im Wohnzimmer schmückte. Die Tür blieb natürlich verschlossen für mich als Kind in dieser Zeit, denn das „Christkind“ kam ja später. Heiligabend legte er immer wieder die selbe Schallplatte mit Weihnachtsmusik auf. Und jedes Jahr an der selben Stelle bei „Kommet ihr Hirten“ hatte die Platte einen Sprung und mein Vater und ich grinsten uns dabei an, weil es sich einfach lustig anhörte.

Mein Vater und ich bauten, wenn es nötig war, Schränke zusammen auf und wieder ab, reparierten hier und da etwas gemeinsam. Immer war er mir dabei eine tolle Hilfe und leitete mich an. Mit ihm war fast alles möglich.

Selbst vor einigen Jahren kam er noch zu mir und half mir mit meiner Aquarientechnik, weil ich etwas ganz spezielles umsetzen wollte. Und wir bekamen es natürlich hin!
  

Er hatte immer fleißig gearbeitet, nach und nach in immer besseren Positionen, bis er dann vor etlichen Jahren endlich in Rente gehen durfte.

Die Familie witzelte noch herum, dass nun ein neuer Lebensabschnitt beginnen würde … – wir alle wussten nicht, wie schlimm dieser für ihn sein wird. Eigentlich dachten wir, dass er nun endlich mehr Zeit für sich hätte, aber genau das Gegenteil war der Fall.

Aus einem Mann, der sein Leben lang regelmäßig arbeitete, aus dienstlicher Sicht große Entscheidungen treffen musste, wurde ein Mann, der zum Untertan seiner eigenen Frau wurde – so sehr konnte sie ihn manipulieren. Aber er liebte sie so sehr, dass er nicht wahrhaben wollte, wie toxisch sie eigentlich ist.

Nach und wurde die Ehe noch toxischer, als sie vor seiner Rente schon war und er stand vollkommen unter ihrem Scheffel. Durch die ständige psychische Belastung, der er durch sie ausgesetzt war, wurde er krank, war u.a. chronisch erschöpft. Wollte das aber nicht wahrhaben, dass es an dem Stress liegt, den er mit ihr und durch sie hatte.

2023 hat er zu meinem großen Entsetzen seine bereits bewilligte Reha abgesagt, weil es seiner Meinung nach nicht mehr zu verantworten sei, seine Frau – meine Mutter – mit uns alleine zu lassen. Ich versuchte noch, ihn umzustimmen, damit er doch zur Reha fährt, wir hätten das schon hinbekommen mit ihr. Aber er blieb bei seiner Meinung – obwohl er sich eigentlich sehr auf diese Reha gefreut hatte.
  
Bis Anfang 2024 hatte er sich noch sobald Streit wegen ihr war immer schützend vor sie gestellt! Das habe ich oftmals nicht verstehen können, da er gerade in der letzten Zeit mitbekam, wie sehr sie uns alle manipulierte. Er konnte sich einfach nicht vorstellen, dass ein Mensch wie meine Mutter, der er so viel gutes zukommen lies, so gemein sein konnte. Das gab in seiner Vorstellung einfach nicht!
  

Nach vielen schlimmen Erlebnissen mit meiner Mutter gab er mir gegenüber im Frühling 2024 das erste Mal zu, dass ihm durchaus bewusst ist und auch war, dass sie an dem Münchhausen-Syndrom erkrankt ist. Ihm war auch bewusst, dass sie ihre Medikamente nicht regelmäßig einnahm, bzw. Medikamente und Dosierungen selbstständig anpasste.

In diesem Gespräch kamen wir endlich wieder an dem Punkt, in dem wir schon zu Corona-Zeiten waren. Durch ihren Reha-Aufenthalt konnte er endlich wieder zu sich selbst finden und erzählte mir, wie sehr ihn die gesamte Situation mit ihr wirklich belastete und das auch er sich wünschen würde, dass sie und er getrennte Wohnungen hätten. Ich versuchte ihm wie schon zu Corona Optionen aufzuzeigen, wir boten an, zu helfen, wo wir können. Er sagte jetzt zwar öfter etwas gegen ihre Beschimpfungen und Beleidigungen, aber richtig durchsetzen konnte er sich bei ihr leider nicht, da er körperlich aufgrund des Stress immer mehr abbaute. Der Alltag schlich sich also bei den beiden nach ihrer Rückkehr aus der Reha wieder ein. Zu seinem Auszug kam es nicht mehr. Sie behauptete bis zuletzt, dass sie mit ihm gemeinsam umziehen würde und er das auch so wollte.
  
Er hat sie geliebt bis zum Schluss. Trotz allem. Treu bis in den Tod. Er hat auch dafür gesorgt, dass sie nach seinem Tod auf lange Sicht gut versorgt ist.

Er war mir stets ein guter Vater, seinen Enkeln ein guter Opa. Fuhr weite Strecken für uns, half uns, wenn Not am Mann war, auch Nachts. Hatte immer ein offenes Ohr für die Familie. War immer „korrekt“. Wenn es mal Streit zwischen uns gab – was sehr selten war – dann nur, weil meine Mutter uns dahingehend manipuliert hatte.

Seine Liebe waren die Zahlen, denn die waren berechenbar und sein PC. Wenn sie es zulies, schrieb er seine Gedanken auf, seine Romane und Geschichten, träumte immer davon, damit mal Erfolg zu haben.

Doch durch die Dauerbelastung mit seiner Frau, der er 24 Stunden am Tag ausgesetzt war, kam er leider nicht mehr dazu, seine angefangenen Geschichten und Romane zu beenden.
  
Ebenfalls im Frühling 2024, als sie zur Reha war, fand er endlich die Zeit, eines seiner Pojekte am PC zu beenden. Er hatte daran ganze 7 Jahre gesessen und es immer wieder verbessert. Ich kann mich noch gut an den Moment erinnern, in dem er mir stolz erzählte, dass er dieses Projekt nun endlich fertig stellen konnte. Ich freute mich sehr für ihn.