Wer ist „sie“?


In meinen Erzählungen erwähne ich immer wieder „sie“.

„Sie“ ist seine langjährige und einzige Ehefrau, die er je hatte. Bis zu seinem Tod ist er ihr treu ergeben geblieben. „Bis dass der Tod uns scheidet“ hatte er mehr als nur wörtlich genommen, trotz des jahrelangen seelischen Missbrauch durch sie, unter dem er litt.

„Sie“ ist auch meine Mutter. Es war für mich stets ein Interessenkonflikt, zwischen den beiden zu stehen.
  
„Sie“ hatte sich bewusst dazu entschieden, nicht mehr arbeiten zu gehen und sich um Haushalt und Kind zu kümmern. „Sie“ versuchte schon in meiner frühesten Kindheit, einen Keil zwischen meinem Vater und mir zu treiben – für eine kurze Zeit hatte sie es immer mal wieder geschafft, aber diesen Keil konnten wir zum Glück immer wieder aus dem Weg räumen.

Wenn sie zu weit ging und andere zu sehr provozierte, stellte mein Vater sich – obwohl sie im Unrecht war – immer schützend vor sie, verteidigte sie. Auch bei uns. So loyal war er ihr gegenüber.
  
Was damals noch relativ klein und unauffällig war, nahm über die Jahre hinweg immer größere Ausmaße an. Ihre Krankheiten bestimmten irgendwann das gesamte Familienleben, den gesamten Tagesablauf und alles richtete sich nur noch nach ihr. Es folgten die vielfältigsten Krankheiten, die ein Mensch nur haben kann. Operationen, bei denen ich fassungslos war, dass diese durchgeführt wurden und „sie“ überhaupt einen Arzt finden konnte, der diese durchführte.

„Sie“ erkrankte vor über 40 Jahren am Münchhausen-Syndrom und manipuliert seitdem viele, viele Menschen. Ärzte, Freunde, Verwandte, ihren eigenen Mann (meinen Vater) – und auch mich, ihre Tochter.

Ich habe dazu weitere Informationen zum Münchhausen-Syndrom zusammengetragen, möchte aber auch darauf eingehen, wie sich diese psychische Erkrankung immer weiter in unser Leben drängte und was es mit uns allen machte. Los geht es damit hier (die weiteren Teile sind auch in der Sidebar zu finden):

  

Als alles begann: die ersten Anzeichen der Krankheit (1) »