Spiel mit dem Feuer: Gefährlicher Umgang mit Blutverdünnern (12)


Vor längerer Zeit erzählte sie uns, dass sie nun Blutverdünner nehmen „müsste“. Da wussten wir, dass sich das mit ihr nun zu einer gefährliche Sache entwickeln kann! Und natürlich: Nie stimmten ihre Blutwerte. Sie wäre regelmäßig zur Kontrolle, behauptete sie, aber nie (!) war der Wert im „normalen“ und gewollten Bereich. Immer war das Blut viel zu dünn. Ich weiß aber sehr genau, dass sie nicht regelmäßig zur Kontrolle ging. Und mir war auch klar, warum.

Meine Vermutung: sie hat einfach immer ein wenig mehr des Medikaments zur Blutverdünnung eingenommen, als sie sollte, damit sie das Blut „schön dünn“ hält. Eine gefährliche Sache, wie ich finde. Natürlich ist sie sich der Konsequenzen darüber absolut bewusst. Deswegen ist dies in meinen Augen selbstschädigendes und selbstverletzendes Verhalten, was beim Münchhausen-Syndrom ja leider üblich ist. Ich habe sie bereits mehrere Male direkt auf ihr zu dünnes Blut angesprochen, sie antwortet mir einfach nicht darauf. Jedesmal lässt sie mich stehen, als wenn sie die Fragen nicht gehört hätte.
  

Irgendwann bekamen wir einen Anruf von meinem Vater. Meine Mutter hätte Lungenbluten und sei nun im Krankenhaus. Beim Husten wäre Blut im Taschentuch gewesen. Ich habe nie einen Bericht dazu gelesen oder gesehen. Ich weiß nicht, ob das die Folge ihres Medikamentenmissbrauch, der vermutlich zu hoch eingenommenen Dosis Blutverdünner oder einfach wie immer Zufall war. Seitdem „darf“ sie auch nur noch ganz vorsichtig husten. Also eigentlich gar nicht mehr. Hätte ihr der Arzt gesagt.

Jahre später, sie berichtete uns immer wieder von Nasenbluten, zeigte mir ihr Taschentuch, das laut ihrer Aussage „total vollgeblutet“ wäre. Als ich mir das Taschentuch ansah, waren sehr kleine Blutanhaftungen über das Taschentuch verteilt. Nichts, worüber man sich Sorgen machen müsste. Von „Nasenbluten“ konnte man da beim besten Willen nicht sprechen.

Vermutlich hatten wir meine Mutter deswegen nicht genug bemitleidet und sie legte nach. Als mein Vater sich dann später hörbar überfordert bei mir meldete und berichtete, dass meine Mutter Nasenbluten hätte, gingen wir zugegebenermaßen angenervt zu meinen Eltern. Immer passieren solche Dinge Abends, Feiertags, Sonntags, oder in der Mittagspause, wenn die Ärzte zu hatten.
  
Als ich die Tür zu meinen Eltern öffnete, bot sich mir ein sagen wir mal sehr blutiges Bild. Meine Mutter stand aus der Nase blutig-tropfend über dem Mülleimer, dieser und die Umgebung waren mittlerweile sehr rot gefärbt durch das Blut, das ausgetreten war.

Mein Vater war wieder einmal in leichter Panik, was nun mit ihr passieren würde und reichte ihr frische Taschentücher. Aufgrund der schon vorhandenen Menge Blut, die sie verloren hatte, der Tatsache, dass sie Blutverdünner nahm und ich mir sicher war, dass sie davon absichtlich zu viel einnahm, rief ich sofort den Rettungswagen. Mir fiel auf, dass sie einen blutverschmierten Finger hatte. Ich weiß nicht, ob sie damit zuvor in der Nase versucht hatte, diese damit zum bluten zu bringen oder ob das Blut am Finger vom Versuch des „abdrücken“ war, damit die Blutung aufhörte.

Sie hatte sich wohl auf einen längeren Aufenthalt eingestellt, denn an der Tür stand schon wieder einmal der vorgepackte Koffer mit ihren Dingen, die sie so braucht, wenn sie im Krankenhaus bleibt. Zu ihrer Verwunderung wurde da aber nichts raus. Innerhalb von gut 2 Stunden wurde sie schon wieder entlassen, mein Vater holte sie ab. Ein Gefäß war in der Nase „aufgegangen“ und wurde verödet. Außerdem wurde ihr dazu geraten, ihre Werte aufgrund ihres dünnen Blut beim Hausarzt überprüfen zu lassen. Nach wie vor hat sich aber an ihren Blutwerten nichts geändert, weshalb sie nun immer nur noch ganz vorsichtig schnupfen darf. Das hätte ihr der Arzt so gesagt.
  

Von der Realität entfernt: Panik und absurde Vorstellungen nach OP (13) »