Bagoyi – Kapitel 003


Der Querschlag war eng und an der Stelle, zu der Moritz mit wehendem Schweif abhauen wollte, versperrt.

Das Vieh bremste, wendete und wollte zurück.

Dabei musste es an mir vorbei – leider auf meine Kosten!

Ich wurde gegen den Ausbau gedrückt, fiel auf den Boden und unter die Hufe.

Ein Huf traf mich hinter dem schon erwähnten Ohr, ich bekam eine wunderschöne Platzwunde, eine Gehirnerschütterung und einen Blauen – äh, ja… ich weiß schon… also, einen Krankenschein für vier Wochen.

Zurück zum Planetarium:
Gerade, als ich mir die letzten Limospritzer aus dem Gesicht wischen wollte – um meinen Anzug war es nicht so wichtig dabei, denn es war ja mein leichter Bieranzug… wenn Sie wissen, was ich meine – da ging in meinem Kopf eine kleine Sonne auf,

Und meine Hand erstarrte in der Bewegung.

Lange muss ich wohl so da gelegen haben, bis es jemand gemerkt hatte.

In der Zwischenzeit war ich aber mit mir, mit der Sonne und meinem Kopf beschäftigt.

Es war ein äußerst merkwürdiges Gefühl, so, als wenn ich ein unbeteiligter Zuschauer in meinem eigenen Kopf wäre.

Schnell merkte ich, dass die Sonne hin und her wanderte und dabei jedes Mal dafür sorgte, das Gedanken entstehen, die sie sofort aufsog.

Ich hatte immer was dagegen, wenn jemand ungerechter etwas weggenommen wird – na, und bei mir erst recht, denn Sie wissen ja, meine Eltern waren keine Rockefeller.
  

Und da nahm ich mir vor, der Sonne entschieden auf die Finger zu klopfen – nur, als die ganze Geschichte passierte, da denkt man eben instinktiv.

Und ich musste wohl sehr instinktiv gedacht haben!

Jedenfalls dachte ich das Gefühl, die Sonne – anders kann ich auch jetzt diese Erscheinung von damals in meinem Kopf nicht beschreiben – wegzudrängen.

Jedes Mal, wenn die Sonne meine Gedanken aufsaugen wollte, ging ich zum Angriff über und vertrieb diesen Störenfried.

Die Jagd wurde immer schneller, und dabei fing ich auch Worte auf, die die Sonne dirigierten.

Und dadurch war ich dann in der Lage, immer etwas früher den Weg oder den neuen Einsatzort zu finden, um die Sonne zu vertreiben.

Auf einmal war die Sonne weg und ich alleine.

Noch beim Schildern der Ereignisse läuft es mir kalt über den Rücken herunter, wenn ich vom Alleinsein in meinem Kopf spreche.

Ich selbst würde von jeden Anderen glauben, der mir so etwas unterjubeln will, dass da irgendwo bei dem wenigstens eine, wenn auch gewaltige Schraube, locker ist.

Nur… wenn man selbst betroffen ist, dann merkt man erst, wie schwer es ist, etwas Außergewöhnliches zu schildern, ohne in den Verdacht zu geraten, ein geistiger Tiefflieger zu sein!

Bei meinem Alleinsein in meinem Gehirn fiel mir damals auf, dass einiges in Unordnung geraten war.

Ich weiß auch nicht mehr, warum ich an einem Film aus der Flimmerkiste denken musste – sie werden den Streifen bestimmt kennen; es geht dabei um ein Forscherteam, die verkleinert in ein menschliches Gehirn eindringen und einige Abenteuer dabei erlebt.

Bei mir war es, grob gesehen, auch so ähnlich.

Nur das ich selbst begann, für Ordnung zu sorgen.

Glaubte ich zu diesem Zeitpunkt wenigstens… jedenfalls stellte ich bei meinen Wanderungen durch Vergleiche fest, dass an bestimmten Nervenbahnen und Nervenknotenpunkten Spannungsfelder gestört waren – ja, ich sage heute, die Spannungsfelder waren unterbrochen oder sogar falsch gelegt!

Es gelang mir, vorhandene Lücken zu überbrücken und fehlgeleitete Spannungsfelder wieder geradezu biegen.

Nur an einer Stelle habe ich passen müssen.

Es sah dort scheußlich aus!

Wieder einmal instinktiv habe ich das richtige gemacht – nämlich gar nichts.

Ich ließ den ganzen Müll dort unangetastet liegen – jetzt weiß ich, dass das mein Glück war.

Denn dadurch konnte ich … halt, erst einmal der Reihe nach weiter.

Danach drangen Vibrationen in mein Gehirn und ließen mich aufmerksam werden.

Ich zapfte eine dafür zuständige Stelle an und erfuhr, dass die Vibrationen Schläge in mein Gesicht waren.

Na, da wurde ich zum Elch!

Der, der mich unerlaubt schlagen kann, der muss erst noch geboren werden!

Ich begann also wie ein Weltmeister durch mein Gehirn zu … sagen wir mal, zu rasen, um an den Ausgang zu kommen, aber nix war da.

Alles war zu.

Und als ich gerade an dieser Trümmerstelle vorbei gedonnert kam, da gab es durch die Erschütterungen der Schläge in mein Gesicht so etwas wie ein Bruch des Hangenden.

Also, da stürzte bildlich gesprochen, die Decke ein und alles, was darüber war, fiel in den freien Raum.

Es blitzte ein paar mal, und in dem Teil meines Gehirnes lag etwas Unnatürliches herum!

Jetzt muss ich für einen Moment mal eine kleine Pause machen und etwas trinken, denn sonst bekomme ich doch noch wegen der Erinnerung an damals wieder einen jener schrecklichen Schreikrämpfe…

So, nun geht es weiter im Text:
Wegen des plötzlichen Erblickens des Unnatürlichen in mir hatte ich schlapp machen müssen – auf neudeutsch… ich nahm mir meinen persönlichen Black-out – oder meine Auszeit.

Es war zu viel für mich.

Mir wurde an dieser Stelle sonnenklar, was für eine unwahrscheinliche Situation hinter mir lag… an die Zukunft wollte ich noch gar nicht denken.

Fast dankbar erwartete ich die beginnende Dämmerung, die mich dann erneut geistig wegtreten ließ.

Nur im allerletzten Moment hörte ich dann eine eigenartige Stimme etwas sagen – oder war es eine andere Art, sich miteinander zu unterhalten – und ich stellte noch erstaunt fest: das war mein Kumpel von gestern.

Und dann war absolute Stille und Dunkelheit in mir.

Endlich!

Geweckt wurde ich von Stimmen – in meinem Kopf und von außerhalb.

Interessanter aber waren die Stimmen in mir!

Ist ja schon gut, ich weiß doch genau, wie es damals zuging!

Und ich weiß genau, dass ich Keinen neben mir herlaufen habe.
Mensch, ich bin voll geistig auf der Höhe.

So fit wie jetzt war ich schon lange nicht mehr.

Kann ich jetzt weiter erzählen?
  

Ja, oder?
Na, also, warum denn nicht gleich so!

Das Ganze hörte sich dann ungefähr so an: