Manipulation mit Folgen: Der Preis für den höheren Pflegegrad (17)


Mein Vater war eine Zeit zuvor gestürzt und eine evtl. Höherstufung seines Pflegrades stand an. Dieser Kampf darum, dass meine Mutter sich auf alle Fälle als kränker sieht und pflegebedürftiger ist nahm neue Formen an.

Als mein Vater nicht mit anwesend war – meine Mutter lag auf der Couch und gab an, dass sie sich vermutlich noch weitere Wirbel gebrochen hätte – versuchte ich, etwas beruhigend auf sie einzureden und fragte, wie sie darauf kommt. Was sie für Beschwerden hätte usw.

Sie war wieder sehr aufgebracht, wütend. Lag dort und schimpfte, weinte. Schrie mich an. Sie bestand darauf, dass ich ihr hoch helfe. Ich war damit nicht einverstanden, denn wenn sie wirklich Wirbel gebrochen hätte … das war mir zu riskant! Ich schlug vor, dem RTW zu holen oder zumindest auf meinen Vater zu warten. Denn das ist immer die Krux an der Sache … man weiß nie, ob sie wirklich etwas hat oder nicht. Sie drängelte immer mehr, wurde laut, ich solle ihr jetzt endlich hoch helfen, schrie mich dabei an.

Ich gab nach, reichte ihr meine Hand, wollte ihr zur Unterstützung unter die Achsel greifen … da riss sie sich ruckartig mit meiner ungewollten Hilfe hoch und bewegte sich dabei schnell zur Seite, irgendwo bei ihr knackte es und sie schrie dabei vermutlich vor Schmerzen wie verrückt. Mir wurde heiß und kalt und tatsächlich schlecht. Ich bekam Panik und merkte, wie mir das Blut in den Kopf schoss. Was hatte sie nur gemacht?! Was hatte ich gemacht?!

Warum riss sie sich so ruckartig hoch, anstatt langsam und vorsichtig aufzustehen?! Ich sprach sie sofort darauf an, fragte dann auch in meiner völligen Überforderung, ob sie verrückt geworden sei. „Faszinierend“ fand ich dabei auch, wie viel Kraft diese angeblich so schwache Person mit einem Mal hatte!
  
Tage später kam sie dann ins Krankenhaus. 4 Wirbel waren gebrochen!!! Ich war entsetzt. Rückblickend betrachtet bin ich mir ziemlich sicher, dass die Wirbel bei genau dieser Aktion brachen. Ich hörte das Knacken. Dieses Geräusch werde ich nie vergessen.

Ich hatte danach noch eine ganze Zeit richtig damit zu kämpfen, diesen Vorfall zu verarbeiten. Es belastete mich sehr, dass sie mich als Mittel zum Zweck benutzt hatte. Natürlich war mir zu jederzeit bewusst, dass an dem Münchhausen-Syndrom erkrankte Menschen Selbstverletzung begehen werden oder können. Aber das SO mitzuerleben und auch noch als Hilfsmittel dabei missbraucht zu werden, damit hatte ich beim besten Willen nicht gerechnet! Jahre später erzählte ich meinem Vater mehrfach von diesem Vorfall. Zu meiner großen Verwunderung überraschte es ihn nicht sonderlich!
  
Ihr Ziel, einen höheren Pflegegrad zu bekommen, hatte sie natürlich erreicht! Aber ob ihr Plan diesbezüglich ganz aufging … ich weiß es nicht. Die Ärzte weigerten sich, aufgrund ihres Alters nun noch einen weiteren Eingriff vorzunehmen, um diese 4 Wirbel zu zementieren. Der Rücken ist im Laufe der letzten Jahre immer mehr deformiert, sie hat dadurch einen kräftigen Buckel bekommen und guckt fast nur noch nach unten anstatt nach vorne.

Ich denke mal, dass sie davon ausging, dass auch das wieder „repariert“ werden könnte. Eine grobe Fehleinschätzung, dessen Konsequenzen sie nun ihr Leben lang tragen muss.
  

Der Verdacht wächst: Medikamentenmissbrauch und innere Konflikte (18) »