Bagoyi – Kapitel 018


Seelisch, geistig, moralisch und körperlich.

Aber hier in meinem Fall, wo ich schuldlos, wie ein neugeborenes Kind, in diese Misere reingeschlittert bin, da muss man mir die Frage nach dem WARUM gestatten.
Ich weiß nicht wie ihr da draußen in der Milchstraße über Verantwortung, Moral und sonstiges denkt, nur hier sollt ihr euch darüber im Klaren sein.
Ich habe ein Recht darauf, hier in meinem Fall über alles informiert zu werden.
Und deshalb und darum …

AZ unterbricht mich und dabei schaut er mich mit einem merkwürdigen Blick an. „Waldi – nun lass mal Dampf ab.
Versuch bitte nicht uns mit solchen Sachen zu kommen.
Wie … Moral, Verantwortung, Sitte, Anstand, Ethik.

Höre bitte auf, hier davon zu reden.
Was kennst du denn schon davon?

Wie steht es denn bei dir mit den persönlichen Engagement für die von dir angesprochenen so genannten Moralbegriffen und … sonstigen menschlichen Irrungen und Verwirrungen?
Bist du dir überhaupt im klaren, was die Worte bedeuten die du eben benutzt hast?

Wenn du schon meinst in deiner Situation mit solchen Schlagwörtern zu kommen, dann überlege mal, was dir auf deiner Erde in solch einen Fall passiert wäre?
Weißt du denn, wo du bereits stationär zur Behandlung warst?
Und wie es dann mit dir weiter gegangen wäre?

Ein bisschen … eigentlich mehr als ein bisschen … haben die Worte von AZ mich innerlich getroffen.

Etwas ist angeklungen, von dem ich eigentlich vieles unterdrückt hatte und bis zum heutigen Tag auch unterdrückt habe.

Na ja, der Alltag eines durchschnittlichen Menschen ist nun mal ausgefüllt mit allerlei Unangenehmen aus der Politik, Presse, Fernsehen.
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Gut, wenn ich ehrlich bin, dann muss ich gestehen, dass das ganze Unangenehme, was ich so aus den Medien mitbekomme, nur noch als Meldung ohne Wert aufnehme.

Gewohnheit!

Wirklichkeit!

Leider!

Ja, verdammt noch mal, es ist nun mal so!

Alles, was man in seiner warmen Stube an Not, Elend, Pein, Lüge, Brutalität vernimmt, das berührt Einen doch schon fast nicht mehr.

Ein Tag ohne im Fernseher ohne Mord und Totschlag ist schon bald … ein langweiliger Tag.

Wenn aber schon Mord und Totschlag im Weltgeschehen, dann bitte fein säuberlich unterteilt nach den GUTEN und den ANDEREN.

Man muss ja schließlich genau wissen, warum wir auf der GUTEN-Seite das Recht besitzen – und die ANDEREN jedes Mal im Unrecht sind.

Die scheußlichen Bilder … moralisches Gemeingut, die schlimmsten Katastrophen sind der Nervenkitzel, der uns für den Krimi nach der Tagesschau so richtig stimuliert.

Dazu dann noch die inhaltsschweren Worte der Politiker und der Segen der jeweiligen Kirche – einschließlich des Kontersegens der religiösen Gegenseite.

Phantastisch!

Und so menschlich vertraut.

Der menschliche Weitblick ist geschärft.

Nur bei näheren Hinsehen ist das aber alles zum Kotzen!

Leider tun´s die Wenigsten, der überwiegende Teil der Menschheit schluckt es lieber runter und bekommt … das, was er durch sein Stillhalten verdient hat.

Scheinbare Ruhe, Frieden, Freude und Eierkuchen.
Was mich im Moment hundsgemein stört, sind die Vorwürfe von AZ.
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Ich finde … also, wenn er …und überhaupt … der soll doch gefälligst selber … ich bin genau an den Punkt gekommen, wo die Beurteilung meines Verhaltens der grausamste Spiegel ist, den mir jemand vors Gesicht hält.

Alles, was ich bisher vernommen habe, was ich bisher erlebt habe, alles, was ich bis jetzt nicht wahrhaben wollte, all die unangenehmen Dinge, zu denen MENSCHEN bereit sein können, das Alles habe ich bewusst aus meinem seelisch-geistigem Leben verdrängt.

Und dann kommt jemand von den Sternen und …

Es tut weh, so etwas zu hören.

Hier, an diesem Ort, zu dieser Zeit und in dieser, meiner Situation, muss ich feststellen, dass ich eigentlich als Mensch gegenüber meinen Artgenossen – egal, welcher Rasse, Nationalität und Geschlecht – jämmerlich versagt habe.

Gern habe ich getönt, dass meine Meinung im politischen Alltag eines Menschen und meine Stimme bei Wahlen doch ohne Bedeutung und Aussagekraft sind.

Das Argument mit dem Hinweis auf den Einzelnen, der so wieso nichts ändern kann, war mir angenehmer, als die Einsicht, dass auch der Einzelne Verantwortung zu tragen hat.

Es war dadurch einfacher, sich allen Verantwortungen zu entziehen.

Besser gesagt, sich aus der Verantwortung zu schleichen, wie ein … Feigling.

Oder wie die drei berühmten Affen … nichts sehen … nichts hören … nichts sagen!

Und die Perfektion zum Verschleiern der eigenen Verantwortung, die Abgabe der selben auf die sogenannten Mandatsträger nehmen erschreckend zu.
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Die werden es schon machen – das war dann die stille Rechtfertigung mit meinem Gewissen, das manchmal bei besonders unangenehmen Situationen sich bemerkbar machte – denn die sind ja von uns gewählt worden.

Außerdem müssen die Mandatsträger sowieso die Meinung von vielen Menschen vertreten, also muss ab und zu auch mal eine Meinung auf der Strecke bleiben, oder zwei, oder zehn, oder hundert.

Es können doch wohl nicht tausend, zehntausend oder gar Millionen sein?

Nein, das geht doch nicht!

Oder doch?

Politiker sind doch auch nur Menschen – gute und schlechte, jedenfalls der, den ich wähle, der ist gut … oder?

Wen hätte ich denn sonst wählen sollen?

Außer die Partei, der mein Vertrauen gilt.

Außer die Regierung, die sich aus Parteien bildet.

Oder die Opposition etwa?

Die sind doch alle so vertrauenswürdig, tun alles für den Frieden, den Wohlstand, den Fortschritt, das Miteinander mit den anderen Völkern – jedenfalls die, die zu den eigenen Wirtschafts- und Politblock gehören.

Und mit den Anderen, die nicht dazu gehören, da … gibt es wieder Politiker, die vertrauenswürdig sind, die schon dafür sorgen, dass … verdammt, der Kreislauf schließt sich und jeder meint, das Beste für den Wähler, die Partei, dem Parteiprogramm, dem Vaterland, den Bündnispartnern, der guten Sache, der eigenen Kultur, der traditionellen Religion, seinem Volke und deshalb nur dem einzig wahre Gott zu tun.

Und keiner der Oberfuzzis denkt daran, etwas für den Menschen zu tun.

Keiner, denn er, der Mandatsträger, weiß, dass er sich einer selbstgewählten und selbstgewollten Ordnung innerhalb seiner Gesinnungsmitteilnehmer unterwerfen muss.

Und will.
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Denn … alleine das gemeinsame Miteinander einer Interessengruppe gewährleistet den Erfolg, den man braucht, um erfolgreich einer Opposition zu widerstehen.

Oder siegreich, wenn der Feind endlich geschlagen worden ist …

Oder glorreich, wenn der eigene Gott den anderen Götzen vernichtend vom Boden gefegt hat …

Oder wenn wirtschaftliche Interessen des freien oder sozialen oder sozialistischen Machtblockes gefährdet sind.

Und da darf keiner aus der Rolle fallen, um sein gesamtes politisches Potential für … Menschlichkeit oder ähnlichen sentimentalen Unsinn, der jedem vernünftigen Parteiprogramm sowieso im Wege steht, zu verschleudern.

Das hält auf Dauer kein noch so gut erdachtes und geschliffen-formuliertes Parteiprogramm aus.

Geschweige denn eine religiöse ORGANISATION.