Bagoyi – Kapitel 017


Nur, welcher Teil von Piggy ist der Roboter, welcher Teil ist das Lebewesen?

Wie sagte immer unser Pauker in Statistik?

Völlig neue Situation, und da prüfen wir erst mal, ob was zu prüfen ist.

Ich will es wissen, weil mich die Sache interessiert.

O.K.?

Und außerdem ist da noch was.

Seit dem Schreiben dieser Zeilen bin ich manchmal an eine Stelle gekommen, wo ich … ich komme einfach nicht weiter.

Irgendwas hemmt mich … so, als wenn da eine Barriere ist.

Eine innerliche Barriere.

Speziell, wenn ich über … es geht schon wieder los … ich komme nicht weiter beim Schreiben … es wird nur Mist, Mist und nochmals Mist.

Für heute mache ich Schluss und lasse mich von Piggy verwöhnen … soweit man sich von einem Roboter verwöhnen lassen kann …

So, ein neuer Tag ist angefangen.

Woher ich das weiß, kann ich nicht sagen.

Eben habe ich die Zeilen von gestern durchgelesen.

Kein Kommentar dazu.

Was steht, soll stehen bleiben.

Piggy teilt mir mit, dass AZ bald kommt.

Es wird Zeit, dass wir uns weiter unterhalten.

Ich werde schon langsam unruhig.

Piggy hat eben ihr Fett abbekommen und sieht ziemlich belämmert aus.

Mir ist es wurscht, was sie darüber denkt.

Die Tür öffnet sich und Strahlemann AZ tritt näher.

Er nimmt mir gegenüber Platz und lächelt wie ein Honigkuchenpferd. „Waldemar, ich kann mir denken, dass du einige Fragen an mich stellen willst und wirst.
Fang an.

Schon wieder ist mir dieser Kerl zuvorgekommen.

Diese verflixte Barriere im Kopf.
  
Aber, da muss ich was dagegen tun – sofort. „AZ … bei bestimmten Themen muss ich feststellen, dass ich so etwas wie eine Schranke oder Barriere im Kopf habe.
Mein Denken und Handeln verläuft bei diesen mir unbekannten Themen wie … verlangsamt, durch Nebel.
Ich kann dann keinen klaren Gedanken fassen, und beim Schreiben kommt nichts Gescheites heraus.
Woran liegt das?

AZ schaut mich mit großen Augen an und spricht so … voller Ernst. „Waldemar, ich habe deine Aufzeichnungen gelesen.
Sie sind gut.
Überraschend gut.

Deshalb weiß ich, worüber du stolperst.
Es stimmt, deine Gedanken sind etwas gedämpft worden.
Durch die Belastungen der letzten Monate stehst du – oder, wie es jetzt in dir aussieht – standest du am Rande eines totalen und somit irreparbelen geistigen Zusammenbruches.
Es war eigentlich zu viel für dich, was auf dich eingestürmt ist.

Unser einziges erprobtes Mittel in solch einem Fall ist für euch Menschen eine emotionale Bremse.
Hier in deinem Zimmer, im Flur und im Bad ist sie wirksam.

Aber nach diesem Gespräch werde ich sie, je nach Bedarf, bei jeder weiteren Begegnung abbauen.
Das hat zwei Gründe.
Erstens sollst du dich wieder frei entfalten können und zweitens kann nur durch dein Verhalten deine weitere Zukunft ermittelt werden.

Piggy, ändere die bewusste Konstante, damit Waldemar wieder besser … denken kann.

Für den letzten Satz hätte ich ihm am liebsten eine auf seine Nuss gegeben, mich so vor dem Roboter zu blamieren.

Als wenn ich nicht denken könnte.

Und dabei hat ER doch dafür gesorgt, dass es so besch …scheiden um mich steht.

Aber warte, mein Freundchen, jetzt gehts los. „AZ, bist du von der Milchstraße?
Und wie siehst du in deiner wahren Gestalt aus?“, sind die ersten Fragen, die ich an meinen … Betreuer richte.
  
Gut, gut …“, sagt AZ, „… zu deiner ersten Frage.
Ja, ich bin aus diesem System von Sonnen, die Ihr Menschen die Milchstraße nennt.
Meine Heimat ist ungefähr 3864 Lichtjahre von hier entfernt.
Der Planet, auf dem ich geboren wurde, heißt … – er machte eine merkwürdige Bewegung mit den Händen, und ich höre genau so merkwürdige Laute aus seinem Mund, und fährt danach mit verständlicher Stimme fort,“…und gehört zu einer Sonne, die eurer ähnlich ist.

Was du eben nicht verstanden hast, das ist der Bestandteil einer Sprache, die bei allen Völkern dieser Milchstraße, soweit sie der … ORGANISATION angehören, verwendet wird.
Diese einheitliche Sprache – ähnlich wie eure Hilfssprachen auf der Erde – hat eben den Lauten noch einheitliche Bewegungen mit den Extremitäten.
Und neben der eben gezeigten einfachen Art des intergalaktischen Kommunizierens gibt es noch die höhere Ebene der Kommunikation.
Du hast auch diese Ebene durch den Unfall erreicht.
Nur hier in diesen Räumen habe ich sie blockiert.
Aber das ändere sich jetzt.
  
Eine kleine Einschränkung wird es immer bei dir geben, daran ist aber dein unverschuldeter Unfall schuld.
Wir können uns somit – du, Piggy und ich – ab jetzt auf dieser höheren Ebene des Kommunizierens unterhalten – wenn du magst.
Ein kleiner Haken ist dabei, neben den Gedanken werden auch Teile von Gefühlen übermittelt.
Das ist manchmal gut, manchmal aber auch nicht so günstig.

Es kommt also immer auf die Situation an, in der man sich auf dieser Ebene etwas mitteilen will.
So, das ist erst mal ein kleiner Überblick, der für dich von Interesse sein wird.
Nun zur zweiten Frage … meine wahre Gestalt.
Hier wird es für dich bereits problematisch.

Dazu muss ich dir so vieles erklären, weil dass was dann auf dich einstürmt, so … neu, unbegreiflich sein wird, und ich dann gezwungen bin, wieder von vorne mit deiner Rekonvaleszenz zu beginnen.

Diesen Punkt möchte ich somit auf einen späteren Zeitpunkt zurückstellen.
Aber keine Sorge, ich werde diese Frage nicht vergessen.
Schon in deinem Interesse.

So viel kann ich dir aber sagen, das die Gestalt, in der du mich siehst, genau so wie du aus Fleisch und bestem Blut ist.
Wie ihr Menschen.

Ich glaube, dass die Information, die du eben von mir erhalten hast, ausreicht, den heutigen Tag auszufüllen.
Ich bleibe auch hier in meinen eigenen Räumen, weil ich mich ein bisschen erholen muss.
Du kannst jederzeit Piggy informieren, wenn du mich sprechen willst.
Das wärs meinerseits, hast du noch Fragen?“
  
Darauf hatte ich nur gewartet!

Und ob.

„Jede Menge! AZ … wenn ich mich so in meinem Zimmer umsehe, dann fällt mir auf, dass ich erst jetzt so alles richtig bewusst wahrnehme.
Ich sehe die … Aussichten, den Himmel, die Einrichtungen dieses Raumes … alles Sachen, die ich sonst gar nicht bewusst wahrgenommen habe.
Beim letzten Durchlesen meiner Blätter fiel mir auf, das ich sehr wenig über das Zimmer geschrieben habe.

Heißt dass, das ihr mich bewusst abgeblockt habt, damit ich … wie mit Scheuklappen… nur das sehen soll, was ihr als gut für mich … oder für euch … ausgesucht habt?
Und dann soll ich auch noch darüber schreiben?

Ich hab ja viel in letzter Zeit erlebt – eigentlich viel zu viel.
Ich kann ja verstehen, dass dies, was ich erlebte, ausreicht einen normalen Menschen umzuhauen.