Bagoyi – Kapitel 015


… es klärt sich auf zum Wolkenbruch …

Ich werde sanft geweckt.

Piggy rüttelt mich am Arm so lange, bis ich wach bin.

Endlich … meine Träume waren doch etwas … unangenehm.

Allerlei wirre, irre und unwirkliche Bruchstücke aus dem Traum nehme ich somit ins Erwachen mit.

Aber, als ich dann AZ, Piggy und den reichlich gedeckten Frühstückstisch sehe, da kann ich die Erinnerungen der Nacht schnell verdrängen … aber nicht vergessen.

Rasch gehe ich ins Bad, mache meine Morgentoilette und eile wieder zurück in mein Zimmer.

Der Tisch ist für mich nur gedeckt – na klar, AZ braucht bestimmt seine eigene Kost und Piggy ist mit ´ner Kanne Hochleistungsöl mit Additiv zufrieden.

Verwundert bin ich nur über das nette Arrangement der Sachen auf dem Tisch.

Ob das persönlich von Piggy stammt, oder ist es nur ein Bestandteil ihres Programms?

Ein bisschen bin ich doch. .. verwirrt, und als ich darauf Piggy ansehe, dreht sie ihren Blick weg… Herrschaftszeitennochmal – hier stimmt doch was nicht!

Also auf, das Frühstück lockt und ran an den Tisch und happi-happi.

Es gibt frische Brötchen, Pumpernickel, Butter, Marmeladen, Ei, Käse, Wurst, Quark, O-Saft und Kaffee.

Herrlich das Frühstück, keinen Krümel habe ich übrig gelassen.
Während des Essens sehen mir AZ und Piggy zu, mich stört das nicht.
  

Ich habe nur Hunger und da ist das Essen gerade das Richtige.

Danach räumt Piggy den Tisch ab und verlässt das Zimmer.

AZ schaut mich auf einmal so konzentriert an.

Jetzt wirds also ernst … es geht zur Sache.

Und ich bin damit zufrieden, denn das ganze Getue mit der Übertechnik lässt mich doch langsam unsicher werden.

„Übergangslos fängt AZ zu reden an. „So, mein lieber Waldemar Woyzinowski, jetzt fängt für dich der Ernst des neuen Lebens an.
Ich hoffe, und dein Verhalten hat mir Recht gegeben, das du dich weiterhin so gut in die neue Situation einfügst.
Dass du hier bist, ist alleine unsere Schuld.
Einzig und alleine.

Aber aus der daraus sich ergebenden Schuld sind wir verpflichtet, alles zu tun, damit dir kein weiterer Schaden entsteht.
Du hast einen Anspruch auf eine der Situation gerechten Entschädigung. Wir, du und ich, – ich im Namen der… ORGANISATION, die dafür verantwortlich ist – werden alles tun, damit du eine neue Heimat und einen neuen, auf dich zugeschnittenen Wirkungskreis bekommst.

Dein Beitrag ist zunächst nur das Aufschreiben aller Ereignisse, von unserem ersten gemeinsamen Kneipenbesuch bis… sagen wir mal, bis ich halt sage.
Du fängst ab sofort an, dort …“, er zeigt auf einen kleinen Nebentisch, der plötzlich hinter ihm steht, und auf dem so etwas wie eine kleine Schreibmaschine mit Bildschirm steht, ähnlich einem Netbook …, „ist ein… sagen wir mal vorsichtig… Gerät, mit dem du per Worte … oder mit deinen Händen, wie du es vielleicht gewöhnt bist, alles, was du erlebt hast und noch erleben wirst, aufschreibst.

Und später wird dir … aber bleiben wir erst einmal beim Jetzt.
Eine Einschränkung gibt es allerdings für dich … eine kleine … schreibe in der Ich-Form.
So, wie du alles erlebst, als wenn du gerade dabei bist und sofort etwas schilderst.
Dadurch können wir dich noch besser verstehen, wenn wir dich auswerten.
Und das tun wir täglich – dadurch haben wir eine bessere Übersicht wegen deiner Fähigkeiten und geistigen Beweglichkeit, in einer neuen Umwelt zu leben …“
  
Ich hole tief Luft, denn mir fällt siedend heiß ein, dass ich das letzte Mal vor ich-weiß-nicht-welcher-Zeit etwas so persönliches zu Papier oder auf eine Festplatte gebracht hatte.

AZ spricht mit einem leichten Lächeln weiter. „Nur keine Angst… sämtliche Regeln deiner Schriftsprache werden durch das Gerät automatisch bearbeitet.
So, das wäre als Erstes die Einleitung – sie ist immer das Schwerste, da ich nicht wissen konnte, wie du reagierst.
Es freut mich, dass du so ruhig und gefasst all die Worte über dich ergehen hast lassen.

Stop, sage nichts…“, gerade habe ich zum Reden ansetzten wollen – dadurch werde ich aber schon gebremst,… „lass erst alles in dir wirken.
Ich lasse dich jetzt für eine Zeitlang alleine, und du kannst schon mit deinem Bericht über deine Erlebnisse mit uns beginnen.
Piggy steht dir zur Seite, wenn du noch Fragen bis zu diesem Punkt hast.

Und noch mal … bei deinem Bericht kommt es nicht so sehr auf die Grammatik an.
Obwohl wir selbstverständlich in der Lage sind, durch den Einsatz unserer Supertechnik dein kleines Problemchen sofort zu meistern.
Uns genügt eine Schilderung, so, wie du alles siehst und erlebt hast.
Mache auch aus deinem Herzen keine Mördergrube beim Schreiben.

Es hilft dir und uns, dich besser zu verstehen.
So, dann bis bald, und viel Erfolg.
Ich bin persönlich gespannt darauf, was und wie du alles aufnimmst.
Tschüs und … Glück auf!“
  
AZ steht auf und verlässt das Zimmer.

Na, da bin ich aber auch gespannt.

Schon wieder etwas, womit ich nicht gerechnet habe.

Na gut, wenn ihr das wollt!

Denn man los!

Und ohne Rücksicht auf Verluste und die bürgerlichen Rechte – sagte unser Opa.

Während der nächsten Tage bin ich mit dem Erzählen oder Schreiben dieses Berichtes beschäftigt.

Zuerst muss ich mich mit der akustischen Schreibmaschine befassen.

Diesen Typ kenne ich noch nicht – Piggy hilft mir wortlos… nur wenn ich dann die Ergebnisse der Supertechnik sehe, dann bin ich reinweg begeistert!

Und ganz langsam fällt bei mir der Groschen und ich komme voran.

Blatt für Blatt bekomme ich fertig – es ist schon interessant für mich, alles noch mal in meinem Kopf vorbeiziehen zu lassen.

Leider sind die Nächte deswegen etwas … ungemütlich.

Die Erinnerung an all die schlimmen Ereignisse, das Wissen um den und meinen Verlust der menschlichen Gesellschaft, die persönlichen gesundheitlichen Mängel – ich weiß immer noch nicht, wie ich aussehe – das alles und noch viel mehr ist der Inhalt meiner Träume.

Manchmal glaube ich, dass Piggy nachts Wache an meinem Bett hält.

Ich habe sie mal darauf angesprochen und erhielt eine barsche, abweisende Antwort.

Von da an habe ich sie nie mehr danach gefragt.

Eben bin ich mit der Vergangenheit meiner Gegenwart – als Bericht gesehen – fertig geworden.

Puh, es hat doch ganz schön geschlaucht.

Ich habe nicht gedacht, dass ich so viele Seiten voll bekomme.

Es war doch oftmals überraschend, wie ich Ereignisse nacherlebt habe.

Und etwas ist mir aufgefallen.

Ich weiß jetzt, warum ich zuerst all den Papierkram erledigen muss!

Dadurch kann man nachvollziehen, wie weit ich noch oder schon mit der Bewältigung meiner eigenen mittel- bis langfristigen Vergangenheit bin.
Es ist doch schon einiges an Unwahrscheinlichkeiten auf mich zugekommen, das ich verkraften musste.

Nur etwas verstehe ich noch nicht.

Welche „ORGANISATION“ ist verpflichtet, für mich zu sorgen?