Bagoyi – Kapitel 006


Und wieso habe ich da solche Sachen vernommen?

Was ist ein HIS´CHI?

Warum muss alles getan werden, damit das HIS´CHI…?

Das müsste doch heißen, dass, wenn das ominöse HIS´CHI in oder an oder sonst wo in meiner Nähe ist, es mir… verdammt noch mal… dreckig gehen soll!

Aber warum?

Und warum macht der Typ, den ich immer meinen Kumpel nenne, da mit?

Waren seine letzten Worte schon mein Grabgesang?

Er, der Kopfgeldjäger und ich, das Opfer?

Wenn das zutrifft, dann sitze ich ganz schön in der Tinte!

Und das mit dem Kopf – oder wie ich sonst immer das Monstrum, das auf meinen Hals sitzt, nennen soll.

Bei einer nüchternen Betrachtung meiner Situation scheint meine Chance gleich Null zu sein.

Gehandikapt durch den merkwürdigen Unfall und dieser unbegreiflichen Verletzung – und damit gefesselt an das Krankenbett – würde ich selbst keine müde Mark auf mich verwetten.

An wem soll ich mich den um Hilfe wenden?

Bei meinem derzeitigen Glück hält man mich wegen meiner Krankengeschichte von vornherein schon für bekloppt.

Spätestens dann, wenn ich in irgendeiner Art Randale mache, kommen die Männer mit den großen weiten Jacken und holen mich ab.

Und dann Freiheit für immer ADE!

Hier werde ich einigermaßen in Sicherheit sein, da ich anscheinend eine medizinische Rarität bin.

Alles hegt und pflegt mich wie einen Steinzeitmenschen, den sie gerade ausgebuddelt haben und der bald ausgestellt werden soll.

Plötzlich ist eine vertraute Schwingung in meinem… Kopf… zu vernehmen.

Der Kumpel… nee… von wegen Kumpel!

Die Kumpels sind wenigstens dufte Typen, aber der!?

Statt Kumpel mein Killer!

Und ich völlig hilflos.

Die Schwingungen formen sich zu verständlichen … Begriffen.

Ich verstehe, was das… ausdrücken will.

Es geht los!

Ich bin auf einmal ganz ruhig und voller Konzentration.

Bewusst und aufmerksam will ich alles – aber auch ALLES – in mir aufnehmen.

Das erscheint mir meine einzige Chance zu sein.

´Mensch, kannst du mich verstehen?
Ich weiß, dass du seit dem Unfall eine höhere Ebene der Kommunikation erreicht hast.
Wir beide können uns somit unterhalten und keiner kann uns stören.
Antworte… bitte.´

Oh mein Gott, was soll ich nur machen?

Da bin ich ja mächtig in den… Dingsbums gekniffen.

Was ich auch tue, ich bin… Moment mal, was habe ich da vernommen… bitte?

Da scheint jemand höflich zu fragen, ob ich mich unterhalten will… also… Angriff ist die beste Verteidigung:
´Ich verstehe dich – wer auch immer du bist – gut.
Was willst du von mir?´

´Ich will mit dir einiges besprechen.
Deshalb komme ich jetzt in dein Zimmer…´

´Nein – bleib da.
Ich traue dir nicht.
Ich kann mir schon vorstellen, was du von mir willst.
Und da stimme ich dir nicht zu, denn…´

´Was kann ich tun, damit wir uns in Ruhe unterhalten können?´

´Verp… verpfeif´ dich dahin, wo der Pfeffer wächst und lass mich in Ruhe.
Du hast mir die ganze Suppe eingebrockt, und ich muss sie jetzt alleine auslöffeln.
Und das gefällt mir nicht.
Gar nicht!
Verzieh´ dich und hau endlich ab.
Mein Bedarf von solchen Typen wie dich ist gedeckt.
Lass mich hier in Ruhe krepieren, dann bist du deine Sorgen wegen des verdammten HIS´CHI los und ich kann mir endlich die Radieschen von unten besehen.
Ich sage es dir noch mal: … HAU AB!´

´Ist ja schon gut.
Aber eine einzige Frage habe ich noch:
Hattest du irgendeinmal einen Unfall gehabt, bei dem du mit kohlenstoffähnlichem Material – sagen wir mal – an deinem Kopf in Berührung gekommen bist?´

Ich hatte inzwischen festgestellt, dass es ein Unterschied in meinem Kopf war, ob ich meine Gedanken dachte oder mich auf die ungewöhnliche Art mit jemand … unterhalte.

Und jetzt diese Frage!

Auf alles war ich ja gespannt gewesen, nur nicht auf so eine Frage!

Kohlenstoffähnliches Material… was meint der wohl?
  

Warum will der das wissen?

Er weiß also etwas nicht.

Prima.

Da ist also etwas, was dieses… unbedingt von mir wissen will.

Meine Chance?

Vielleicht die einzige, die ich noch habe?

Also umschalten auf Sendung und los:
´Warum willst du das wissen?´

´Es interessiert mich eben – das ist alles.´

´Glaube ich dir nicht!´

´Kannst du aber.´

´Trotzdem glaube ich dir nicht.´

Während der letzten Worte spürte ich deutlich zwei Sachen.

Eine lauernde Haltung bei seinen Worten und bewusste Unterdrückung einer inneren Unruhe.

Meine Chancen scheinen sich zu verbessern.

Also: auf in den Kampf – Runde zwei:
´Warum glaubst du mir nicht?
Ich will doch versuchen, dir zu helfen.´

Nachtigall ick höre dir trapsen.

Da ist doch etwas faul – um nicht zu sagen, oberfaul!

´Welche Gegenleistung bekomme ich, wenn ich zu deiner Frage Stellung nehme?´

´Wieso Gegenleistung?
Ich verlange ja von dir keine Leistung.

Du wirst doch wohl eine Beantwortung einer kleinen Frage nicht als Leistung bewerten?
Weißt du, wenn das so kompliziert ist, dann höre ich lieber auf und hau ab, wie du vorhin es schon gesagt hast.
Außerdem… warum soll ich dir etwas versprechen, wenn deine sogenannte Stellung sowieso ein Windei ist.
Du bist doch nicht in der Lage, auf meine kleine Frage zu antworten.
Du bluffst nur und versuchst mich zu übertölpeln.

Und… weißt du, ob ich mein Versprechen überhaupt gehalten hätte?
Ich möchte wetten, dass du gar nicht weißt, wovon ich vorhin bei meiner Frage gesprochen hatte.
Das alleine genügt mir schon als Beweis, um Schluss mit dieser Unterhaltung zu machen.
Du kannst es dir ein letztes Mal überlegen – entweder Antwort oder Schluss.
Also?´

Schon während des letzten Satzes fiel es mir auf.

Ich war kaputt wie ein Hund – äh, ich war wahnsinnig müde.

Und die Müdigkeit nahm zu, je länger ich mit ´DEM´ da unterhielt.

Ich spürte gleichermaßen seine lauernde Haltung.

Jetzt wusste ich auf einmal warum.

´DER´ kannte mein Problem und brauchte nur abzuwarten, bis ich nicht mehr konnte.

Und dann?

Und dann, in der Phase des Hinübergleitens in die Müdigkeit, vernahm ich auch noch ´SEIN´ abwartendes und zugleich hämisches Lachen.

Wohl bemerkt auf der Ebene der höheren Kommunikation, oder wie das Ding heißt – und die letzten Worte:
´Siehst du, alles regelt sich von alleine.
Du hast ja mächtig gelernt in diesem Gespräch… nur ein Primitivling bleibt ein Primitivling.´

Glauben Sie mir, das hat mich doch getroffen.

Was bildet sich ´DER´ denn ein, wer ´ER´ ist?

Dann war Schluss mit meiner Energie für weitere Gespräche und ich schlief ratzeputz ein.

Mein anschließender Schlaf war unruhig und aufregend.

Mein Unterbewusstsein hatte wohl eine Menge zu verarbeiten gehabt, und das machte sich in der Qualität des Schlafes bemerkbar.

Und da ich immer noch nichts sehen konnte, waren als Ausgleich meine übrigen Sinne verschärft in Aktion.

Ich zuckte jedenfalls irgendwann in der nächsten Zeit zusammen, als in meinem Krankenzimmer Schritte hörbar wurden.

Durch die Stille waren sie gut vernehmbar.

Es musste also Nacht sein, sonst hätte ich sie nicht vernommen.

Ich setzte mich aufrecht hin und lauschte zweifach.

Einmal mit den Ohren und ein anderes Mal mit meinem neuen Sinn.

Die Schritte verstummten.

Gespannt wartete ich auf eine Aktion.

Aber nichts war zu hören – zweifach.

Ich aber wusste, dass hier jemand im Raum war.

Mit absoluter Sicherheit!

Gerade, als ein Rascheln meine Annahme bestätigte, traf mich etwas prickelnd zuerst, dann immer unangenehmer werdend, am ganzen Körper.

Ich wollte zuerst noch um Hilfe rufen, aber mit Zunahme des unangenehmen Gefühls – so, als wenn alles gefühllos wird – kamen keine Worte aus meinem Munde.

Nichts – kein Laut.

Stumm, blind und hilflos fiel ich in mein Kissen zurück.
  

Aus… Scheibenkleister… dachte ich noch und dann war nur noch alles um mich herum wie in Watte, Nebel und Irrealitäten verpackt.