Zeichenmaschine 5 ✔️


‚… ist doch irgendwie eigenartig …‘, dachte Moritz Wasmonia eines morgens, als er wie viele Morgen zuvor in der vollen Straßenbahn stand und darauf wartete, dass er zum Umsteigen aussteigen und über Treppen und Laufbänder die nächste Straßenbahn auf einem anderen Gleis erreichen wollte … oder musste … oder konnte.

Die Straßenbahn war, wie viele andere und zu dieser Frühe, ziemlich voll. Fahrgäste unterschiedlichen Alter, Herkunft und Bekleidung standen eng nebeneinander, schaukelten jede Bewegung mit, sahen, sprachen, tippten oder hörten in und an ihren Handys und Smartphones.

Mit anderen Fahrgästen trottete er nach dem Aussteigen zum entsprechendem Gleis und er wusste, dass er 9 Minuten Wartezeit hatte.

Und wie jeden Dienstag trafen sich mehrere junge Frauen und Männer, eigentlich ältere Jugendliche, in der Straßenbahn, weil sie zur schulischen Weiterbildung wollten.

Nach der üblichen lautstarken Begrüßung fragte einer, Wolf, wahrscheinlich Wolfgang. „Na … und … hat das täglich grüßende Murmeltier wieder zugeschlagen?“

Ein kurzes Gelächter folgte und eine der vier Jugendlichen, Kati, wahrscheinlich Kathryn, ergriff das Wort. „Mein Murmeltier … eigentlich besser Meerschweinchen statt Ausbilder … ist vom Computerprogramm völlig überfordert. Ich sehe immer öfter, dass er die Schublade von seinem Schreibtisch heimlich einen Spaltbreit öffnet und in einem zerfledderten Buch über DIN-Normen herumblättert …“.

Moritz hat eine Eingebung, denn ihm fällt ein, dass diese Kati den Beruf einer technischen Zeichnerin im Bereich Metall erlernen will und wendet sich an sie. „Entschuldigen Sie bitte …“, jeder der Jugendlichen schaut ihn, teils entrüstet wegen seines Einmischendes an, „… fachbezogen kann ich ihnen das Friedrichs Tabellenbuch für Metall empfehlen. So um die 150. Auflage. Kostet zwar ein paar Euronen mehr … ist aber immer noch aktuell und interessant. Oder sie suchen im Antiquariat … da gibt es auch solche Fachbücher. Zwar benutzt, aber günstiger im Preis, weil man handeln kann …“.

Moritz hört die Durchsage der nächsten Straßenbahnhaltestelle, seiner Haltestelle, hebt kurz seine Hand, dreht sich herum und geht ein paar Schritte zur Ausgangstür der Straßenbahn, die sich öffnet und er und andere Fahrgäste steigen aus.

Die Straßenbahn fährt weiter und Moritz sieht in der Weiterfahrt kurz die Gesichter der 4 Jugendlichen. Irgendwie neugierig.

Dann folgt der Fußweg zu Betrieb … 573 Schritte … das hatte er irgendwann ermittelt, bis er vor dem 3-stöckigem Betriebsgebäude angekommen ist. Noch 7 Treppenstufen sind dann zu erklimmen, bis er die schwere Eingangstür öffnen kann. Dann an der Pförtnerloge vorbei, dem Pförtner Olaf Grammke ein „Guten Morgen“ zurufen, sein „Ebenfalls“ mit Bassstimme mitnehmen, im Weitergehen die Gleitzeituhr mit dem entsprechenden kleinen Schlüssel einschalten und als täglich-morgendliche Sporteinlage die 28 Stufen bis zur 2. Etage empor hasten.

Doch an diesem Tag war es anders. Statt des basslastigen „Ebenfalls“ erklang eine frischfröhliche Frauenstimme. „Guten Morgen“.

Moritz, der gerade seinen Fuß auf die 1. Treppenstufe gestellt hatte, bremste ab, drehte sich herum und ging zur Pförtnerloge zurück. Eine Frau, er schätzte sie auf Ende der 30.Jahre bis Mitte der 30.Jahre alt und sah ihm aufmerksam an. „Wie oder womit kann ich ihnen helfen, Herr …“

Verdutzt stellte er sich vor. „Wasmonia … Moritz Wasmonia … 2. Etage … Zeichenmaschine 5 …“.

„Also, Herr an der Zeichenmaschine 5 … was kann ich für sie tun?“.

„Der Herr Hiller … ist der irgendwie krank oder hat er Urlaub?“, war seine Antwort zur neuen oder unbekannten Frau in der Pförtnerloge.

Die schwere Eingangstür öffnete sich und eine barsche Stimme ertönte seitlich von Moritz. „Zeichenmaschine 5 … bringen sie mein Gepäck sofort in mein Vorzimmer …“.

Moritz hatte sich inzwischen umgedreht und sah zu Generaldirektor Friedeberg van der Hüismann hin, der gerade seinen Trolly zu Boden fallen gelassen hat. Moritz ging gemäßigten Schrittes zu dem Trolly, nahm ihn auf und trug diesen mit ausgestreckten Arm zur Treppe, dann die Stufen hinauf bis zur ersten Etage und in das angesprochene Vorzimmer hinein.

Schreibmaschine 1, mit bürgerlichem Namen Gundula Kerbes, sah Moritz zunächst erstaunt an, grinste kurz und eilte dann zur Bürotür von Generaldirektor Friedeberg van der Hüismann, öffnete sie, trat ein und deutete auf einen bestimmten Platz. Moritz stellte den Trolly da ab, schaute sich im Büro kurz um, sein Blick blieb bei dem Whiteboard hängen und er pfiff kurz.

Schreibmaschine 1 schüttelte kurz ihren Kopf und deutete auf die Bürotür. „Abmarsch …“, sagte sie zwar befehlend, Moritz nickte, grinste und verließ eilig dieses Büro.

An seinem Arbeitsplatz angekommen befasste er sich sofort mit der Wertigkeit der vorliegenden Aufgaben. Nach einigen Telefonaten mit anderen Betriebsabteilungen ging er in den Fertigungsbetrieb – kleine Fräserei – und zu eine der Fräsmaschinen, wo bereits der Vorarbeiter Bernhardt Ringling an einer bestimmten Fräsmaschine stand. Und neben Ringling ein ihm unbekannter mittelalter Mann.