Bagoyi

Bagoyi – Kapitel 022

Ich habe mich total verfranzt und ... ein Königreich für eine gute Idee, wie ich hier wieder raus komme.

Piggy sieht mich dabei nur ausdruckslos an und sagt ... nichts.

Meine Gedanken überschlagen sich - warum ist Piggy so anders?

Da muss doch irgend was ... egal, ich muss weiter reden, sonst stehen wir noch wer weiß wie lange hier rum.

"Piggy ... erkläre mir die Funktion des Tabletts ... bitte ..."   

Gerade, als Piggy anfangen will zu reden - der Mund hatte sich bereits geöffnet - da macht sie ihn wieder zu, dreht sich um und schwebt mit wehenden Haaren aus dem Zimmer.

Ich denke gerade noch ´Wat nu?´, als sich wieder die Tür öffnet, und AZ hereinkommt.

Ich stehe noch immer etwas verdattert im Zimmer und er ist wieder der Strahlemann höchstpersönlich.   

Mit einer mir geltenden einladen Handbewegung steuert er auf die Sitzgruppe zu, nimmt Platz und sieht zu, wie ich mich hinsetzte.

Seine Augen beobachten mich dabei ununterbrochen.

Fast wie die Schlange das Mäuschen, aber nur fast.

Sofort fängt er an zu reden. „Waldi, du hast ein paar weitere Informationen nötig, damit es hier keine weiteren Spannungen zwischen dir und ...“ er macht eine Kunstpause, sieht mich starr an und fährt ganz langsam fort, "... Piggy gibt.“    Ich erstarre innerlich. Wieso Spannungen zwischen mir und dem Roboter?   

Nach meinem Verständnis sind Roboter ... wenigstens Diener ihrer Schöpfer ... wenigstens ... aber ... wieder kommt so eine Kälte in mir hoch, das habe ich doch nur in der Literatur von uns Menschen gelesen.

Hier liegt also mein Fehler!

Ich gehe davon aus, das Roboter sich so verhalten, wie wir Menschen - ich bisher inbegriffen, es uns ausgedacht haben.

Von nun an HATTEN!

Die Realität ist anders.

Die innerliche Kälte ist weg, es wird mir warm.

So um den Hals herum.

Ich muss schlucken, denn mein Mund ist auf einmal ganz trocken geworden.

Deshalb war mir etwas bei ... Piggy aufgefallen, wenn sie sich wie ein Mensch verhalten hatte.

Lästernd, motzend, lustig, stur, sogar nett.

Au Backe, das ist ein Ding.

Ein Roboter ist nett, d a s also ergibt die Probleme!

In meinem Kopf schwirrt es wie in einem Bienenstock.

Im Moment bin ich total überfordert.

Aber auch total!

Ich merke, dass hier der Punkt ist, wo ... ich baue ab.

Und Tschüss, ab in die Zwangspause.   

Ich komme wieder zu mir, als mich etwas in den Arm piekst.

Meine Hand fährt zu dieser Stelle hin und berührt dabei eine fremde Hand. Wer ist das wohl?

AZ?

Piggy?

Ich liege ganz still und lasse meine Gedanken in die Vergangenheit zurück schweifen.

Aber, es geht nicht.

Ich bin blockiert.

Die Gegenwart verlangt ihren Tribut.

Mich.

Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft.

Mein neues Leben steht schon in den Startlöchern, der Startschuss ist erklungen und ich ... ich warte.

Mühsam kann ich mich an die letzten Worte von AZ erinnern - und den Sinn und die tiefere Bedeutung zuerst ahnen, dann erfassen.

Mit dem Begreifen klappt es noch nicht.

Mein Unterbewusstsein - wer wohl sonst - klemmt noch etwas.

Es macht nicht mit.

Aber es muss!

Um jeden Preis.

Sonst ende ich bestimmt wieder in dem merkwürdigen Krankenhaus, wo die mich abgeliefert hatten.

Blind werde ich dann bestimmt wieder sein, dann noch mein Gesicht mit der Verletzung an der Augenpartie, die Erinnerung - falls noch vorhanden - an die Zeit hier bei AZ und Piggy, ich glaube, die Klapsmühle lässt schon grüßen.

Und dabei bin ich doch eigentlich schuldlos in diese Misere geschlittert ... worden.   

Ironie des Schicksals.

Und ausgerechnet mir muss das passieren.

Das kennt man ja.

Siebzigtausend Zuschauer im Fußballstadion - und ausgerechnet mir fliegt der Ball ins Gesicht!

Langsam, aber noch ganz langsam, ändert sich meine Einstellung zu dieser Sache. Ich spüre in mir so etwas wie eine Veränderung meiner Psyche.

Auf einmal kann ich wieder befreit atmen, so etwas wie ein neues Leben baut sich auf.

Zuerst noch zart, denn ich habe Zeit und kann es wachsen lassen.

Und es wächst.

Mehr und mehr.

Ängste, Sorgen, Nöte für meine Zukunft sind zwar noch da, jedoch eine gleiche Gegenströmung an Zuversicht, Mut, Abenteuer sorgen für einen momentanen Ausgleich.

Das neue Leben kann doch schön sein.

Besser wie das alte zwar - oder anscheinend doch? - nicht, aber, in die Hände gespuckt und feste druff!

Bewusst klinke ich mich in die höhere Ebene der Kommunikation ein und ´sende´ eine gedankliche Information an AZ. ´Ich bin wieder in Ordnung. Mach weiter.´

Und es freut mich, als ich dabei einige freundliche Gedankenbruchstücke von jemanden aufnehme.

AZ?

Piggy?

Egal, es geht weiter.   

Ich öffne die Augen und erhebe mich dabei in Sitzposition.

Vor meinem Bett steht AZ und neben mir auf dem Bett sitzt Piggy.

Sie lässt mich gerade behutsam los.

Ich drehe mich herum, setzte die Füße auf den Boden und stehe auf.

Mit langsamen Schritten gehe ich zur Sitzgruppe und nehme Platz.

AZ kommt nach, Piggy stellt sich dazu und fragt mit normaler Stimme, ob wir etwas zu trinken brauchen.

Ich bestelle mir ein Pils, AZ ein Mineralwasser - er grinst leicht dabei - und Piggy geht hinaus, um die Getränke zu holen.

Noch etwas gedankenversunken betrachte ich die Sterne an der Decke, die drei Bilder an den Wänden, als Piggys Eintritt meine Gedanken unterbricht.

Sie stellt die Getränke hin, wünscht ein freundliches „Zum Wohle“ und geht aus dem Zimmer.

Wir greifen stumm zu den Gläsern, prosten uns eben so stumm zu und trinken.

Als ich mein Glas absetzte, ist es leer, AZ seins noch halb voll.

Ich suche den Blickkontakt mit AZ, lehne mich in die Polsterung zurück und nicke ihm zu.

Jetzt will ich’s wissen.