Bagoyi – Kapitel 021
Ich jedenfalls habe einen mächtigen Horror vor solchen Tanten, die einem durch diese egoistische und selbstgefällige Art ständig mit dem Getue auf den Geist gehen.
Aber nicht mit mir.
Neben dem Tisch steht etwas, das wie ein Tablett aussieht.
Ich belade es mit den Resten meines Frühstückes.
Voller Schwung - es ist ja ziemlich beladen durch mein opulentes Mahl - hebe ich es in die Höhe und ... es landet mit einem satten Platschen über mir an der Decke.
Danach purzeln alle Sachen von oben auf mich herunter. Ich stehe wie versteinert da, als mir Salat, Mayonnaise, Brotkrümel auf´s Haupt rieseln.
Ich schüttle noch voller Unverständnis meinen Kopf und schaue entgeistert zur Zimmerdecke, als die Zimmertür aufgerissen wird und Piggy hereingezischt kommt.
Sie bleibt vor mir stehen, sieht mich mit ihren großen Augen an und spricht in einem Tonfall, der mich zur Weißglut bringt.
"Dich kann man auch nicht mal für fünf Minuten alleine lassen und schon machst du nur lauter Unsinn. Sag´ mal, wie siehst du denn aus? So groß, und macht sich so dreckig. Wenn du ..." Da platzt mir der Papierkragen!
Voller Wut über dieses lästerhafte Gelaber und die arrogante, überhebliche Art fauche ich sie an. "Halt doch endlich die Klappe, du nachgemachter Mensch! Was glaubst du denn, wer du bist, he? Sieh´ zu, dass der Mist hier weggeräumt wird, mach die Bude sauber. Wenn eure Geheimniskrämerei nicht endlich aufhört, dann ..."
Während meiner heftigen Worte sieht Piggy mich mit großen Augen nur an.
Einfach so.
Dadurch bin aus dem Konzept gebracht geworden. Meine Wut über dieses Missgeschick - was ja eigentlich keines war - lässt langsam nach.
Und in diesem Augenblick rutscht mir ein Flatschen Mayonnaise ausgerechnet über die Stirn durch das Gesicht und landet auf meinen Lippen, als ich gerade Luft holen will, um weiter zu meckern.
Und prompt bekomme ich die Matsche in die falsche Tröte - äh, in die Luftröhre.
Und krampfhaft versuche ich, nach Luft zu schnappen.
Es bleibt aber nur bei dem krampfhaften Versuch.
Mir bleibt immer mehr die Luft weg, weil doch die Mayonnaise da ist, wo sie nicht hingehört.
Hustend und prustend mache ich mich von dem Dilemma frei und Piggy bekommt natürlich den ganzen Segen ab.
Es ist mir doch einigermaßen peinlich, dass ich ihr alles ins Gesicht geblasen habe.
Es muss ihr auch irgendwie - kann man bei einem Roboter von peinlich sprechen - getroffen haben, denn ihre Augen blicken so ... tief berührt, so weh; und ihr Mund kneift sich zusammen. Mit Roboterstimme spricht sie plötzlich zu mir - und dabei läuft es mir eiskalt den Rücken herunter.
"Der Schaden wird sofort behoben und das Zimmer gesäubert, wie du es befohlen hast. Ich bitte dich, begebe dich ins Bad und säubere dich. Entschuldige meine Unachtsamkeit, weil ich dir nicht die Funktion des Tabletts früh genug erklärt habe. Wenn du aus dem Bad kommst, dann rufe mich bitte und ich erkläre dir die Funktion."
Darauf dreht sie sich um und verlässt das Zimmer.
Was soll ich nun machen?
D e n Ausgang der Situation hätte ich mir auch nicht vorgestellt.
Egal, ich gehe mich waschen.
Also, auf ins Bad.
Das Säubern im Bad geht rasch von sich.
Ich ziehe meine Klamotten aus und gehe unter die Dusche.
Das warme Wasser tut gut auf der Haut.
Danach trockene ich mich mit den bereitliegenden Badehandtücher ab - sie wissen ja, die, die gekuschelt sind; aber, gibt es des a´ bei Roboters ah - und ... tja, was tun?
Meine Sachen sind ja verdreckt, neue habe ich nicht hier im Zimmer.
Aber in den Wänden sind Schränke eingelassen - was ist da wohl drinnen?
Neugierig bin doch schon, aber ... also, was soll´s.
Ich öffne langsam die erste Tür. Fein säuberlich finde ich aufgestapelt zusammengelegte Handtücher vor.
Ich bin schon an eine gewisse Sauberkeit und Akkuratesse in diesem Superhaushalt gewöhnt - unser Mama würde vor Begeisterung radschlagen - aber manchmal bin ich wieder überrascht.
Wie jetzt hier. Weiter - der nächste Schrank.
Diesmal finde ich Seifen, Kämme, Bürsten und noch so´n weiteren Kram von allerlei Toilettenartikel.
Weiter - irgendwo müsste doch bei einem gut geführten Haushalt ... richtig, beim Öffnen eines weiteren Schrankes stoße ich auf das, was ich suche.
Unterwäsche.
Ich finde die Sachen in meiner Größe und ziehe sie an.
Passt wie angegossen.
Wohin mit den alten Sachen, die dreckig sind?
Ich sehe mich um, und finde nur einen mülleimerähnlichen Behälter, der in einem Schrank auf dem Boden befestigt ist.
Der Deckel geht nicht auf, und somit lege ich die schmutzige Wäsche in eine Art Bodenwanne, die daneben ebenfalls auf dem Boden liegt, hinein und schließe die Schranktür.
Sofort höre ich ein mechanisches Geräusch, das mich neugierig macht.
Ich öffne wieder die Schranktür - meine Wäsche ist weg.
Spurlos verschwunden.
Aha, Zapzerappmaschine, wie unser Opa immer sagte.
Ich verstehe - oder doch nicht?
Also, nur nicht wundern - nur mittelprächtig staunen.
Es lebe die Technik. Ich gehe zurück ins Zimmer und rufe nach Piggy.
Prompt kommt sie ins Zimmer geschwebt - ungefähr eine Handbreit über den Fußboden.
Vor mir, in einem Abstand von etwa zwei Meter, hält sie an, und will gerade etwas sagen, da schaffe ich es, sie noch vorher am Reden zu hindern.
Ich weiß auch nicht, warum ich sie sofort am Reden hindere, aber ... ich finde, das ich ihr - also dem Roboter - eine Erklärung schuldig bin.
Na ja, wegen meiner Spuckerei mit der Mayonnaise und so.
Aber, wie entschuldigt sich man bei einem so merkwürdigen Roboter, wie es Piggy ist?
Ich habe doch keine Erfahrung beim Umgang mit solchen ... Typen.
Also, ein Herz gefasst und los.
"Piggy, du tust mir einen persönlichen Gefallen, wenn du wieder in der mir ... liebgewordenen Stimme zu und mit mir sprichst.
Außerdem entschuldige ich mich bei dir wegen des bedauerlichen Vorfalles von vorhin bei dir. Ich entschuldige mich deshalb, weil ich einerseits im Umgang mit Robotern - deine eigenen Begrüßungsworte, du erinnerst dich bestimmt noch - ungeübt bin, und andererseits, macht mich in deinem Verhalten etwas stutzig, ... ich kann es nicht ausdrücken, aber ... da ist etwas, was so menschlich, ... und meine Vorstellung von Robotern hat einen Knacks, weil du dich ... und außerdem ..." Mein Gott Walter!
Ich stottere mir einen ab, das ist zum Mäusemelken!